Die wichtigsten Fakten über Muttermilch und die Vorteile des Stillens

Muttermilch - Mutter stillt ihr Baby

Die Bildung der Muttermilch

Für die Bildung der Muttermilch ist das Hormon Prolaktin verantwortlich. Es wird in der Hirnanhangsdrüse (Hypophyse) produziert und ist zusammen mit weiteren Hormonen für die Produktion der Muttermilch in der Brustdrüse der Mütter nach der Geburt verantwortlich. Zusätzlich stärkt es den Mutterinstinkt und sorgt dafür, dass eine Mutter die Bedürfnisse ihres Neugeborenen schnell und selbst im Schlaf wahrnimmt.

Sobald das Baby zu saugen beginnt, aktiviert das das Hormon Oxytocin den Milchflussreflex. Es wird auch als Bindungshormon bezeichnet, weil es die Bindung zwischen Mutter und Kind fördert. Nicht selten wird es von Frauen als ein unangenehmes Ziehen und Drücken wahrgenommen. Alle für die Produktion der Milch zuständigen Stoffe nehmen die Zellen in den Milchbläschen aus dem Blutkreislauf der Mutter.

Die allererste Milch, die nach der Entbindung dem Baby zur Verfügung steht, nennt man Vormilch oder Kolostrum. Für den Fall, dass das Baby, wie z.B. bei einer Frühgeburt vor dem geplanten Geburtstermin zur Welt kommt, stellt der Körper die Vormilch schon mehrere Wochen vor dem geplanten Termin zur Verfügung.

Damit es mit dem Milcheinschuss nach der Geburt gut klappt, ist es wichtig, dass das Baby innerhalb der ersten zwei Stunden nach Geburt, die Chance hat an die Brust der Mutter zu saugen. Legt man das Baby mit direktem Körperkontakt umgehend auf den Bauch der Mutter, wird es selbstständig den Weg zur Brust finden. Diese Vorgehensweise ist am natürlichsten und fördert die Milchbildung.

Die Vormilch (Kolostrum)

Die Vormilch hilft dem Baby, den Darmtrakt vom Säuglingspech zu reinigen, das sich vor der Geburt im Darm angesammelt hat. Wenn das Baby Kolostrum trinkt, werden gleichzeitig die milchproduzierenden Drüsen der Mutter und der Milchflussreflex stimuliert und der Körper des Kindes für die Verdauung vorbereitet.

Das Kolostrum besteht aus einem wertvollen Mix aus Wachstums-, Immun- und Heilungsstoffen und nicht zuletzt aus wertvollen Darmbakterien. Zumindest dieses flüssige Gold sollte jedes Baby erhalten, selbst wenn es später abgestillt werden sollte.

Das Kolostrum bieten dem Baby zukünftig einen größtmöglichen Schutz vor Krankheitserregern, Allergien und Nahrungsmittelunverträglichkeiten. Je häufiger das Baby angelegt und stillt wird, desto schneller wird die Übergangsmilch gebildet. Der anschließende Übergang zur „reifen“ Muttermilch kann bis zu 2 Wochen dauern.

Viele Mütter machen sich Sorgen, dass sie zu wenig Vormilch haben, weil die Menge des Kolostrums gerade mal einem Teelöffel entspricht. Sie ist jedoch genau der Aufnahmefähigkeit, des noch nicht fertig „ausgebildeten“ Magens angepasst. Zudem setzt sie die Verdauung des Babys in Gang. In Folge kann das Kindspech, als erster Stuhlgang, ausgeschieden werden.

So ist es auch nicht ungewöhnlich, wenn ein Baby in den ersten Lebenstagen an Gewicht verliert. Das Kolostrum enthält doppelt so viel Kalorien wie die spätere Muttermilch und ist reich an mehrfach ungesättigten Fettsäuren.

Sogar für die bessere Bewältigung vom Geburtserlebnis ist durch das Kolostrum gesorgt, indem es Beta-Endorphine beinhaltet, die dem Kind helfen, die schmerzhaften Erlebnisse unter der Geburt zu vergessen.

Milcheinschuss

Zwei bis sechs Tage nach der Entbindung schießt die Milch ein. Der Körper der Mutter stellt von der Vormilch (Kolostrum) auf die „normale“ Muttermilch um. Diese Umstellung kann bis zu 14 Tagen dauern. Die Brust der Mutter verändert sich dabei, sie wird groß und spannt häufig. Was nicht selten unangenehm für die „junge“ Mutter ist.

In der Zeit des Milcheinschusses und auch danach sollte die Stillende sich bewusst sein, dass die Milchbildung zusätzliche Energie von ihr abverlangt. D.h. sie wird vermutlich mehr Hunger haben und auch wesentlich mehr Schlaf und Ruhe brauchen als sonst.

Wenn die Mutter und ihr Baby nicht von Anfang an und rund um die Uhr beisammen sind, wie z.B. häufig nach einem Kaiserschnitt und anderen Notfallsituationen, schießt die Milch erst etwas später als sonst ein.

Zu viel Muttermilch

In den ersten Tagen oder auch danach kann es vorkommen, dass die Brust zu viel Milch gebildet. Das macht es dem Baby häufig schwer, die pralle Brustwarze anzusaugen. Zudem fällt es ihm dann schwer, die schneller fließende Milch zu schlucken.

Durch das Auflegen von kalten Kompressen nach dem Stillen, kann die Milchbildung etwas gedrosselt werden. Es ist auch möglich vor dem Stillen eine kleine Milch ausstreichen oder abzupumpen. Normalerweise pegelt sich die Milchmenge aber mit der Zeit auf den Bedarf des Babys ein. Die Größe der Brust geht damit auch zurück.

Zu wenig Muttermilch

Wenn vermutet wird zu wenig Milch zu haben, sollte das Baby möglichst häufig, am besten nach Bedarf, angelegt werden.

Das heißt, dass das Baby immer direkt anlegt werden sollte, sobald es anzeigt, dass es Hunger hat. Diesen signalisiert ein Baby nicht erst, wenn es weint oder zu schreien beginnt.

Es ist bereits vorher erkennbar, wenn es unruhig wird, mit seinem Mund nach der Brustwarze seiner Mutter sucht oder mit dem Gesicht seine Haut berührt.

Die Menge der produzierten Milch orientiert sich immer an der Nachfrage, d.h. wieviel Milch ausgestrichen, abgepumpt oder getrunken wird.

Die Nachfrage bestimmt die Menge der zur Verfügung stehenden Muttermilch

Der Bedarf an Muttermilch ändert sich gemäß der Nachfrage durch das Baby. Die Anpassung der Milchmenge an den veränderten Bedarf kann bis zu 2 Tage dauern. Dies kommt z.B. bei einem Wachstumsschub, wenn weniger Milch benötigt wird oder wenn die Mutter abstillt vor.

Der gesunde Körper einer Mutter ist problemlos in der Lage genug Milch für Zwillinge oder auch Drillinge zu produzieren.

Die wichtigsten Fakten über Muttermilch

Muttermilch enthält immer die perfekte Zusammensetzung

Die Muttermilch enthält die wichtigsten Inhaltsstoffe für die Entwicklung eines Kindes, wobei die Anzahl und Aufteilung der Anteile sich immer zeitnah an die Anforderungen des Babys anpasst .

Die Zusammensetzung der Muttermilch verändert sich, sowohl über die gesamten Stillzeit hinweg, wie auch im Verlauf eines Tages und selbst während einer einzigen Stillmahlzeit.

Die Muttermilch passt sich dem Alter des Babys an, den Jahreszeiten, dem aktuellen Bedarf des Kindes und auch der Tageszeit an. Das ist schon unglaublich genial von der Natur vorgesehen, doch noch nicht alles. Die Zusammensetzung der Muttermilch ist selbst in den beiden Brüsten einer Frau unterschiedlich.

Und manchmal entscheiden sich Babys nur für eine Seite der Brust, selbst wenn sie weniger prall ist. Vielleicht weil sie ihm gerade besser schmeckt oder aber gerade die Inhalte vorhält, die es gerade braucht.

Muttermilch wirkt je nach Tageszeit einschläfernd oder aufmunternd

Die Muttermilch enthält zum Abend hin mehr Seretonin, was das Baby ruhig und schläfrig macht. Einschlafstillen ist also etwas ganz normales und von der Natur genial eingerichtet. Gibt es etwas schöneres als am Busen des wichtigsten Menschen im Leben sanft und satt in den Schlaf zu gleiten? Angenehmer und wirkungsvoller als jedes Schlaftraining.

Über den Tag enthält die Muttermilch dagegen mehr anregende Stoffe. Diese helfen dem Baby wach zu werden und durch den Tag zu kommen.

Jungs erhalten mehr Fett als Mädchen

Die Muttermilch unterscheidet bei ihrer Zusammensetzung zwischen Jungs und Mädchen. Und so wächst der Busen der Schwangeren stärker, wenn sie einen Jungen als wenn sie ein Mädchen erwartet. Zudem ist ihre Energiezufuhr ist höher. Studien zeigen, dass die Muttermilch für Jungs allein ein Viertel mehr Fett beinhaltet und reicher an Proteinen und Milchzucker ist als die für die Mädchen.  

Es wird zwar vermutet, dass der Körper der Mutter während der Schwangerschaft das Geschlecht bereits kennt und sich auf die entsprechende Zusammensetzung vorbereitet, doch warum die Jungen mehr Energie erhalten ist noch unklar.

Optimale Verteilung von Fett, Proteine und Kohlenhydrate

Die vielen Diskussionen und Hypes der Erwachsenen um Kohlenhydrate, Proteine und Fette, lassen Babys kalt. Denn sie bekommen bereits die perfekte Mischung in Form der Muttermilch.

Diese perfekte Zusammensetzung der Muttermilch besteht aus durchschnittlich 3,5% Fett, 1-1,5% Protein und 7,0 % Kohlenhydrate und ist perfekt auf die Entwicklung des Babys abgestimmt. Wobei die Entwicklung des Gehirns in den ersten Monaten nach der Geburt im Mittelpunkt steht.

Die Kohlenhydrate bestehen größtenteils aus Laktose und sind u.a. für die Süße der Milch verantwortlich. Einfluss auf die Fettzusammensetzung hat dabei die Ernährung der Mutter, die Stilldauer und wie oben erwähnt das Geschlecht des Kindes.

Das perfekte Mischverhältnis von Kasein und Laktalbumin (Eiweiße) in der Muttermilch sorgt dafür, dass sie vom Baby gut verdaut werden kann.

Die Muttermilch ist auf die Verdauung des Babys ausgelegt

Wichtige Bakterien in der Muttermilch bereiten den Verdauungstrakt auf feste Nahrung vor, da er nach der Geburt noch nicht ausgereift ist. Aus diesem Grund sollte das Baby in den ersten 6 Monaten nur an der Brust gestillt werden und die Muttermilch über das erste Lebensjahr hinaus dem Kind zur Verfügung stehen.

Im Gegensatz zur Ersatzmilch und fester Nahrung ist die Muttermilch sehr leicht verdaulich und optimal auf den unreifen Verdauungstrakt ausgelegt.

Da die Muttermilch in den ersten Wochen noch kaum verdaut werden kann und nur kurz im Verdauungstrakt verweilt, kann das Baby zu Beginn nach jedem Stillen Stuhlgang haben.

Neben den extrem wichtigen Darmbakterien liefert die Muttermilch die zusätzlich notwendige Nahrung (Humanmilch-Oligosaccharide) für diese gleich mit. Die so nur in der Muttermilch vorkommen.

Darmbakterien wirken präbiotisch und liefern Ballaststoffe, die für das Wachstum von Bakterienstämmen und für die Verdauung wichtig sind. Zudem sorgen sie für die Stärkung der Darmflora. und verhindern Anheftung krankhafter Bakterien an die Darmwand. Das ist umso wichtiger, da sich das Immunsystem im Darm befindet.

Muttermilch – die perfekte Nahrung für das Gehirn

Menschen sind Traglinge, das heißt, sie werden zwar unfertig geboren (ähnlich wie Nesthocker) werden aber, wie bei den Affen, von Anfang an getragen.

Und so ist die Muttermilch nicht vorrangig auf Wachstum, sondern auf die optimale Entwicklung des Gehirns ausgelegt. Kuhmilch ist daher keine optimale Alternative zur Muttermilch.

Neueste Forschungen zeigen, dass gestillten Babys über 20 bis 30% mehr weiße Substanz im Gehirn hervorbringen als Babys, die mit Ersatzmilch gefüttert werden.

Die weiße Substanz im Gehirn ist Teil des zentralen Nervensystems und besteht aus Leitungsbahnen (Nervenfasern), die für die Vernetzung der verschiedenen Gehirnregionen genutzt wird.

Muttermilch ist lebendig

Ein Teelöffel Muttermilch enthält 3 Millionen lebende mütterliche Zellen, die für die Bekämpfung von Krankheitserreger zuständig sind.

Diese Zellen setzen sich unter anderem aus Leukozyten, Lymphozyten und Makrophagen zusammen und hemmen das Wachstum von Bakterien, Viren, Pilzen und Parasiten. Sie sind sogar in der Lage Krebszellen zu zerstören. So gesehen ist jede Stillmahlzeit eine kleine Spritze für die Immunabwehr des Babys.

Die Muttermilch enthält Stammzellen

Muttermilch enthält zwischen 10.000 und 13.000.000 lebende Stammzellen pro Milliliter, die sich in beliebige Körperzellen wie z.B. Gehirnzellen oder Darmzellen entwickeln können.

Über die Muttermilch nimmt das Baby Stammzellen auf, die sich im Blut, im Magen, in der Bauchspeicheldrüse, im Thymus, in der Milz, in der Leber, und sogar im Gehirn wiederfinden.

Die Muttermilch, die Apotheke des Babys

Muttermilch wirkt wie ein hochwirksames und spezifisches Medikament. Sie schützt vor Krankheitserregern, ist entzündungshemmend und fördert die Wundheilung. Dabei nimmt der Körper der Mutter über den Speichel des Babys wahr, was ihm fehlt und produziert in der „hauseigenen Apotheke der Mutter“, die dafür notwendigen Abwehrstoffe.

Doch auch bei der Mutter kann sie heilend wirken, zum Beispiel bei wunden Brustwarzen, indem man einfach etwas Muttermilch auf die Brustwarzen streicht. Auch ein wunder Babypopo heilt schneller, wenn man ihn mit ein paar Tropfen Muttermilch bestreicht.

Muttermilch kann durchaus als Wundermittel bezeichnet werden, da sie bei den verschiedensten Wehwehchen wirkt und das völlig natürlich, kostenlos und ohne Nebenwirkungen.

Muttermilch kann Gene verändern

In einer Studie, die Stuhlproben von drei Monate alten (gestillte und nicht gestillte) Babys untersuchte, konnte nachgewiesen werden, das bestimmte Inhalte der Muttermilch gesundheitsfördernde Gene eines Babys einschaltet.

Diese Gene betreffen vor allem das Verdauungssystem und somit in Folge sehr wahrscheinlich auch das Immunsystem. Die Auswirkungen dieser Genveränderung ist sehr wahrscheinlich bis in das Erwachsenenalter spürbar.

Zusammenfassend – die Vorteile von Muttermilch

Die erste Milch nach der Geburt wird Kolostrum genannt. Sie erleichtert dem Säugling den Start ins Leben und ist mit einer Vielzahl an wichtigen Nährstoffen angereichert. Dies hat ihr den Beinamen „Flüssiges Gold“ verschafft.

Das Kolostrum enthält vor allem Vitamine, Proteine, Natrium, Chlorid, Kalium und einen bunten Cocktail an Abwehrstoffen, die wie eine erste Impfung auf das Neugeborene wirkt.

Sie hat immer die richtige Temperatur und steht „jederzeit“ und überall frisch und wohltemperiert zur Verfügung. Da die Muttermilch arm an Keimen ist, erkranken gestillte Babys viel seltener und wenn dann nur weniger extrem an Atemwegs- und Durchfallerkrankungen. Zudem leiden sie auch viel seltener an Allergien.

Die Muttermilch enthält viele wertvolle Abwehrstoffe und bieten dem Baby so einen großen Schutz vor bakteriellen und viralen Erkrankungen. Lange und voll gestillte Kinder besitzen ein besseres Immunsystem.

Unteranderem aus diesem Grund empfiehlt , die WHO Babys in den ersten 6 Monaten ausschließlich zu stillen und nach der Einführung von Beikost parallel weiter zu Stillen .

Ausblick

Die Forschung hat, was die Muttermilch und das Stillen betrifft, vermutlich gerade erst die Spitze des Eisbergs erreicht. Wir können gespannt sein, welche faszinierenden Ergebnisse sie in den nächsten Jahren noch entdeckt.

Euer Babytalk-Team

Beitragsfoto: oksanashufrych / canva

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